Thema Magersucht

Hallo ihr Lieben,
ich hab mich entschieden, euch über einen Abschnitt meines Lebens zu erzählen. Das machen viele Menschen, vor allem Frauen, durch und kriegen meistens nicht die Hilfe, die sie brauchen. Deswegen soll das hier etwas werden, was Betroffenen und auch den Angehörigen dazu helfen kann.
Ich hab im Laufe meiner Behandlung viele Menschen kennengelernt, die vom gleichen betroffen waren wie ich, jedoch möchte ich in erster Linie über meinen Verlauf erzählen. Es ist für mich ein sehr persönlicher Teil.

WAS IST MAGERSUCHT?
Magersucht ist eine Art Appetitlosigkeit, die meist seelisch bedingt ist. Es kann auch körperliche Ursachen haben. Dies wird normalerweise am Anfang der Behandlung durch Untersuchungen festgestellt. Die schwerere Stufe von Magersucht, ist Bulimie, die aus nicht essen und erbrechen kombiniert ist. Bei vielen liegt es daran, dass sie falsche Schlankheitsideale haben, was durch Medien etc. unterstützt wird.

WIE KANN ICH FESTSTELLEN, OB EINE FREUNDIN/ EIN FREUND AUCH BETROFFEN IST?
Ich hab mich sehr aus meinem Freundeskreis zurückgezogen und hab viel für die Schule gelernt, obwohl meine Noten recht gut waren und ich mit mir selber zufrieden war. Es entsteht ein enormer selbstgemachter Druck, den man so schnell nicht los wird. Ich habe verweigert in meinem Freundeskreis zu essen, was ja in der Schule fast unmöglich ist. Ich habe es gemieden, dabei zu sein, wenn einer meiner Freunde gegessen hat, weil mir durch die Gerüche schlecht geworden ist. Allgemein, wenn jemand sehr viel abgenommen hat.

WIE LÄUFT DIE BEHANDLUNG AB?
Ich war schon immer dünn und schon immer untergewichtig, deswegen ist es nicht aufgefallen, dass ich abgenommen hab, weil ich schon immer so aussah. Angefangen hat es vor zwei Jahren, aber in Behandlung bin ich seit Dezember letzen Jahres. Bei mir wusste es keiner außer ich selbst. Ich denke, am besten wäre es gewesen, hätte mich jemand gezwungen zum Arzt zu gehen. Meine Mutter hat mich also mit zum Hausarzt genommen, weil ich oft schlechte Laune hatte und deprimiert war. In erster Linie lag es bei mir daran, dass ein Junge meine liebe nicht erhört hat, wenn man es so formulieren kann, die Geschichte war sehr umfassend und hat mich sehr beschäftigt, was es immer noch tut und auch immer zwischen mir und ihm stehen wird. Ich wurde beim Arzt ausgemessen und gewogen, um den BMI ausrechnen zu können. Wenn dieser kleiner als 17,5 ist bei Jugendlichen, gelten sie als magersüchtig. Meiner war 16,9… Ich bekam einen Essensplan, ich sollte 5 mal am Tag essen und das aufschreiben (Menge und was es war). Dazu sollte ich mein Handy und den PC 2 Stunden am Tag aus haben, um Stress zu vermeiden. Die nachfolgenden Sitzungen bestanden aus Untersuchungen wie Ultraschall aller Verdauungsorgane und verschiedene Blutbilder. Zudem wurden Belastungstests gemacht. Was bei mir raus kam, war, dass körperlich alles okay ist. Also ging es daran, wöchentlich mein Gewicht festzustellen, ich bin also jede Woche zum Arzt zum Wiegen und anschließender Besprechung gefahren. Wichtig war für mich, obwohl ich in Behandlung in der ZIP, als auch beim Psychologen war, dass mein behandelnder Arzt immer noch mein Hausarzt war, jemand den man kennt, dem man vertraut. Nach und nach ist dann die Ursache zum Teil rausgekommen, jedoch ist das meistens schwer. Es kann auch Ursachen haben, durch die man in der frühen Kindheit geprägt wurde oder nur im Unterbewusstsein bestehen. Auch wenn sich die „Kranken“ abschotten, ist sehr wichtig, den Kontakt zur Außenwelt beizubehalten. Auch wenn ich auch sehr schwierig war, für mich war es der schlimmste Zeitpunkt, als sich viele meiner Freunde von mir abgewendet haben. Ich hab mich sehr alleine gefühlt. Ich hatte mehrere Phasen, in denen ich sehr traurig war und viel geweint hab. Die Freunde sollten einen nicht dazu zwingen, etwas zu essen, das kann alles nur schlimmer machen, so war es bei mir auch, auch wenn es nett gemeint war. Meine Mutter war häufig sehr überfordert und hat sich die Schuld gegeben, dafür, dass ich magersüchtig bin. Mein Vater konnte es nicht nachvollziehen, auch den betroffenen Eltern empfehle ich, auch eine Therapie zu machen, wo ihnen erzählt wird, was für Möglichkeiten sie haben und ihnen die Schuld genommen wird. Also eine gute Aufklärung.
ich war häufig auch schon mit dem Alltag überfordert. Mein Ernährungsplan wurde 5 mal umgestellt. Weil der Magen nicht dran gewöhnt ist, mehr Nahrung als gewohnt zu verdauen, kann man schnell Magenprobleme bekommen. Bei mir war es am Wochenende so, dass zu viel Zeit zwischen den Mahlzeiten gelegen hat, sodass ich mich Samstags und Sonntags morgen immer übergeben hab, weil die Magensäure durch die Speiseröhre hochgekommen ist. Ich sollte in eine stationäre Therapie zeitweise, am Anfang hab ich mich dagegen gewährt, weil man erhebliche Probleme im späteren Leben damit haben kann. Man wird immer eine Lücke im Lebenslauf haben, bei der man gefragt wird, was da los war. Wenn die Arbeitgeber mitbekommen, dass man seelisch „krank“ ist, wird man nicht so leicht genommen… das ist eine schwere Überlegung. Durch meine Therapie dort, habe ich viele Menschen kennengelernt, auch vielen, denen es schlimmer ergangen ist als mir. Es gab im stationären Teil Wettbewerbe, wer in einer Woche am meisten abgenommen hat. Wenn es nicht dringend nötig ist, sollte man eine „normale“ Therapie machen. Ich bin immer noch alle 3 Wochen zum Wiegen und zur Besprechung meiner Essgewohnheiten. Es wird auch wahrscheinlich immer ein Thema in meinem Leben bleiben. Man hat als Frau sehr viel mit Essen zu tun, deswegen ist ein Ende meiner Therapie auch nicht in Sicht.

WAS FÜR FOLGEN KANN MAGERSUCHT HABEN?
Grundsätzlich erstmal: http://www.magersucht.de/krankheit/folgen.php
Was mir noch aufgefallen ist, dass bei den meisten Betroffenen, die ich kenne, als sie recht gut mit ihrer Krankheit klarkamen, sehr selbstbewusst geworden sind.


An dieser Stelle möchte ich noch einigen Menschen danken, die mich zum Teil sehr unterstützt haben und ohne die ich nicht das Mädchen geworden wäre, dass ich jetzt bin.


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